Verdener Familienforscher e.V.
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ein Projekt der Verdener Familienforscher e.V.

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am 12. April 1912
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Der Deutsche Correspondent, 6.7.1875, Seite 2 Ein deutscher Erfinder. Aus München kommt die Nachricht von dem Tode Wilhelm Bauer. s. In ihm verliert Deutschland einen seiner genialsten Erfinder, dem es nun - da er ja todt ist - nicht mehr an allseitiger Anerkennung fehlen kann. Wilhelm Bauer wurde am 23. Dezember 1822 in Dillingen bei Augsburg als der Sohn eines bayrischen Wachtmeisters geboren. Als Kind genoß er nur eine geringfügige Schulbildung und erlernte später das Drechslerhandwerk. Dasselbe sagte seinem lebhaften Temeramente, seinem Thatendrang jedoch durchaus nicht zu, und so trat er dann mit 16 Jahren in die bayrische Armee. Bei der Artillerietruppe wurde Bauer mit dem Fundamente des mathemathischen Wissens vertraut, welches er mit rastlosem Eifer zu erweitern suchte. Im Unabhängigkeitskriege Schleswig-Holstein. s gegen Dänemark (1849) stand Bauer mit solcher Begeisterung auf Seiten des "verlassenen" Bruderstammes, daß er als Freiwilliger den Reihen der schleswig-holstein. schen Kämpfer sich anschloß. in den einzelnen Kriegspausen oblag Bauer wieder seinen Studien oder gab sich dem Genusse der Natur hin. Besonders gerne weilte er am Strande des Meeres und sah dem Spiele der Seehunde, ihrem Auf- und Untertauchen zu. Und nach seinen eigenen Erzählungen weckte dieses Spiel in ihm den Gedanken der Erbauung eines Schiffes, welches, gleich dem Seehunde, sich leicht unter dem Meere bewegen könne - es war dies die schöpferische Idee der unterseeischen Schifffahrt. Mit großen Mühen und Anstrengungen construirte Bauer ein kleines Modell zur Verwirklichung seiner Idee, und dasselbe fand so viel Anklang, daß die Offiziere und Mannschaft der Befreiungsarmee eine Subscription einleiteten, deren Ergebniß hinreichte, ein kleines Schiff zu bauen. Mit demselben unternahm Bauer, begleitet von zwei wackeren Matrosen, zehn unterseeische Fahrten mit günstigem Erfolg. Da das Schiff indeß mit den bescheidensten Mitteln hergestellt war, wurde es bei der 10. Fahrt leck und sank auf den Grund der Ostsee. Es war dies am 1. Februar 1851 um 9 Uhr morgens. Man kann sich wohl die Angst der am Meeresstrande auf das Wiederauftauchens des Schiffes harrenden Offiziere und Soldaten denken, nimmermehr aber die furchtbare Situation vergegenwärtigen, in welcher sich bauer und seine zwei Gefährten befanden. Durch volle sechs Stunden befanden sich sich in der mit comprimirter Luft gefüllten, ganz abgeschlossenen Kammer des Schiffes, wohin kein Wasser zu dringen vermochte; sie schienen ohne jede Hoffnung auf Rettung. Da kam Bauer ein glücklicher Gedanke. Er dachte, daß, wenn er plötzlich der großen Menge comprimirter Luft einen bestimmten Ausweg erschließe, dieselbe mit Macht ausdringen werde. Nach geeigneten Vorbereitungen brachte er den Matrosen Friedrich Witt zunächst an die kleine, mit Glas dicht geschlossene, nach oben gekehrte Luke der Luftkammer. Im entsprechenden Momente öffnete Bauer die Luke, und zuerst Witt und dann er und der zweite Matrose wurden, wie er selbst angab, gleich wie Champagnerpfropfen in die Höhe getrieben, so daß sie glücklich an die Oberfläche des Meeres kamen. Es war dies um 3 1/2 Uhr Nachmittags. Das Schiff, welches er "Brandtaucher" genannt hatte, war natürlich verloren, aber die allgemeine Aufmerksamkeit richtete sich doch auf den genialen Erfinder, und König Ludwig von Bayern, sowie der Prinz Albert von England gewährten ihm solche Unterstützungen, daß er ein neues modell bauen konnte, welches dann auch vom Kaiser von Oestreich besichtigt wurde. Dasselbe sollte in großem Maßstabe für die östreichische Marine ausgeführt werden; das Projekt scheiterte aber an den Geldverhältnissen, von denen Oestreich damals bedrängt war. Als während des Krimkrieges die englische und französische Flotte Kronstadt belagerte, erhielt Bauer vom Großfürsten die Einladung, sofort nach Rußland zu kommen und ein Schiff zu bauern, welches gegen die Belagerer zur Anwendung zu kommen hätte. Das Schiff wurde vollendet, als eben der Friede geschlossen ward. Gleichwohl unternahm Bauer damit 120 unterseeische Fahrten. Es war ihm für seine Leistung ein hohes Honorar ausgesetzt worden; da er sich aber den Anforderungen corrumpirter russischer Beamten, die ihn in schamlosester Weise auszubeuten suchte, nicht Folge leistete, wurde er vielfachen Intrigen ausgesetzt und mußte fast flüchtigen Fußes unter dem Schutze des bayrischen Gesandten Rußland verlassen. Er weilte dann wiederholt in London und ging endlich nach München, wo er eifrig seinem Selbststudium oblag. Im Juli 1863 wurde sein Name wieder allgemein genannt, als er das in der Geschichte der Technik sensationelle Werk der Hebung des im Bodensee versunkenen Dampfers "Ludwig" vollzog. Damit hatte er sich wohl Ruhm und ehre, leider aber auch ein schweres gichtiges Leiden zugezogen, welches sich mit den Jahren stets verschlimmerte. Gelähmt und der Sprache verlustig .... Am 20. Juni Nachmittags ist Bauer gestorben. Ihm gingen im Tode vier hoffnungsvolle Kinder voran. Er läßt eine Wittwe und einen Bruder zurück, welch. Letzterer sich in Wien als maler und Lithograph eines geachteten Namens erfreut.
 
 
Fundort: Baltimore
Quelle: Der Deutsche Correspondent, Ausgabe 6.7.1875, Seite 2
Einsteller: Rainer Doerry  Mail

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